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Polyurie und Polydipsie beim Hund

von Dr. med. vet. Eva Haberpeuntner, Ganshofstraße 11, 5020 Salzburg

HALLO, mein Name ist Merlin...

... und ich bin ein ca. 4 Monate alter „Großer Münsterländer“– Rüde. Ich wurde im strömenden Regen gefunden und ins Tierheim gebracht. Momentan darf ich bei meinen lieben TierpflegerInnen mit deren eigenen Hunden und Katzen (ja, die mag ich auch) zu Hause wohnen, weil ich noch so „klein“ bin und leider ein „Problem“ habe. Ich trinke nämlich sehr viel und muss dementsprechend oft Gassi gehen.

Meine Tierärztin, Frau Dr. Eva Haberpeuntner, möchte Ihnen nun ein wenig darüber erzählen, warum das bei mir so ist:

Polyurie (vermehrter Harnabsatz) und Polydipsie (gesteigerte Wasseraufnahme) sind ein häufiger Grund für das Vorstellen von Hunden in der tierärztlichen Praxis. Die Ursachen für diese beiden klinischen Symptome sind vielfältig und verlangen oftmals ein aufwändiges diagnostisches Vorgehen. Als mögliche Ursachen kommen unter anderem Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Morbus Cushing, Niereninsuffizienz, Gebärmutterentzündung, Diabetes insipidus, Morbus Addison, psychogener Trinker in Frage.

Die tägliche Wasseraufnahme bei Hunden liegt durchschnittlich bei 60ml / kg Körpergewicht / Tag, abhängig von verschiedenen äußeren Faktoren, wie Wetter, Bewegung oder Futter. Bei Merlin war auffällig, dass er ständig nach Wasser suchte, alle Näpfe und Pfützen, die er fand, leer trank und auch dementsprechend oft und viel Harn absetzte. Messungen der Wasseraufnahme ergaben dann bei ihm die beinahe dreifache Menge des für ihn ausgerechneten täglichen Bedarfs. Harn- und Blutwerte wurden im Labor bestimmt. Es ergaben sich Abweichungen von der Norm, mit einem auffällig niedrigen spezifischen Gewicht des Urins. Die Ultraschalluntersuchung ergab keine anatomische Abweichung des Harnapparates (Nieren, Harnleiter, Harnröhre, Harnblase). Mit Hilfe der nun vorliegenden Befunde konnte das Krankheitsbild dem so genannten Diabetes insipidus, einer eher seltenen Krankheit zugeordnet werden. Zurzeit wird noch abgeklärt ob es sich um einen „zentralen“ oder „nephrogenen“ D. insipidus handelt. Gekennzeichnet sind die Erkrankungen durch Mangel oder durch fehlende Ansprechbarkeit des Körpers an einem bestimmten Hormon, dem ADH= Antidiuretisches Hormon, welches für die Konzentrierung des Harns zuständig ist und somit wichtige Regulation auf die Flüssigkeitsaufnahme bzw. Harnausscheidung hat. Merlin bekommt nun das AD-Hormon als Augentropfen verabreicht, die aufgenommene Wassermenge wird regelmäßig kontrolliert, ebenso die Harn- und Blutwerte.

Die Erkrankung Diabetes insipidus ist leider nicht heilbar. Eine Prognose bei Merlin lässt sich, abhängig von den Ergebnissen weiterer Untersuchungen und dem Ansprechen auf die begrenzten Therapiemöglichkeiten, erst im weiteren Verlauf stellen.

Doch wie die Fotos beweisen, ist unser Merlin ein übermütiger temperamentvoller lustiger Hund, anhänglich und verschmust.